Würzburg – Vor 75 Jahren starb am 2. März 1945 der selige Pater Engelmar Unzeitig im Konzentrationslager Dachau. Aus diesem Anlass laden die Missionare von Mariannhill zu einem Gedenkgottesdienst am Sonntag, 1. März 2020, um 10 Uhr in die Würzburger Klosterkirche Mariannhill ein. Den Gedenkgottesdienst feiern Bischof em. Friedhelm Hofmann und Generalsuperior Pater Thulani Mbuyisa CMM.
Eine Vigilfeier am Samstag, 29. Februar, um 19 Uhr mit Generalvikar Pater Michael Maß CMM in der Klosterkirche Mariannhill stimmt auf die Gedenkfeier ein. Nach der Vigilfeier gibt es für Jugendliche und junge Erwachsene Gelegenheit zu einer persönlichen Begegnung im Speisesaal des Klosters Mariannhill. Den Abschluss der Feierlichkeiten bildet eine Vesper am Sonntag, 1. März, um 18 Uhr mit Generalsuperior Pater Thulani Mbuyisa CMM.
Der selige Pater Engelmar Unzeitig CMM war 30 Jahre alt, als er verhaftet wurde. Nach sechs Wochen Untersuchungshaft in Linz/Donau wurde Pater Engelmar Unzeitig ins KZ Dachau »überstellt«. Mit 34 Jahren starb er als Märtyrer der Nächstenliebe. Vier Jahre in der Hölle von Dachau. Vier Jahre auf dem Weg zur Heiligkeit. Wie ist es dazu gekommen? Warum wurde er von den Nazis verfolgt? Warum in so jungen Jahren? Gehörte er zu denen, die von Anfang an das Dritte Reich zu boykottieren versuchten? – Nein, er war alles andere als ein Rebell. Ganz im Gegenteil! Er zählte zu den Stillen im Lande. Von Haus aus war er eher schüchtern.
Geboren wurde Pater Engelmar Unzeitig am 1. März 1911 in Greifendorf bei Zwittau/Mähren. Seine Eltern hatten einen kleinen Bauernhof. Hubert, Pater Engelmars Taufname, war der einzige Junge unter fünf Geschwistern. Nach dem Besuch der Volksschule arbeitete er eine Zeit lang bei einem tschechischen Bauern, auch, um die tschechische Sprache besser zu lernen. Das zur kaiserlich-königlichen Monarchie gehörende Mähren war nach dem Ersten Weltkrieg tschechisch geworden. Als Hubert immer deutlicher das Verlangen spürte, Priester zu werden, meldete er sich bei den Missionaren von Mariannhill in Reimlingen/Bayern. Dort machte er das Abitur, schloss sich nach dem Noviziat (Probezeit) der Gemeinschaft an, absolvierte in Würzburg die philosophischen und theologischen Studien und wurde schließlich am 6. August 1939 von Bischof Matthias Ehrenfried zum Priester geweiht. Nur wenige Tage nach seiner Primiz brach der Zweite Weltkrieg aus. Zunächst arbeitete er als Seelsorger in der Niederlassung der Mariannhiller in Riedegg/Österreich und betreute dort französische Kriegsgefangene, bis ihn im Herbst 1940 der Bischof von Linz bat, die Pfarrstelle in Glöckelberg/Böhmerwald zu übernehmen. Es waren harte Monate für den Neupriester. Nicht nur der Winter war streng, auch die Seelsorge forderte ihn heraus – auf der Kanzel, beim Religionsunterricht, im Gespräch mit den Menschen. Die Nationalsozialisten hatten das Sagen; Hitlers Agenten lauerten überall, auch in den Kirchen. So kam es, dass Pater Engelmar schon bald beschuldigt wurde: Er setze sich für verfolgte Juden ein. Er betrachte nicht den Führer, sondern Christus als seinen obersten Herrn. Er lehre die Jugend, Gehorsam gegenüber Gott sei wichtiger als gegenüber weltlicher Macht. So kam es wie befürchtet: Am 21. April 1941 wurde der Priester verhaftet. Man ließ ihm kaum Zeit, mit seiner Schwester Marie, die ihm den Haushalt führte, noch ein paar wichtige Dinge zu besprechen. Sechs Wochen lang hielt man ihn im Gefängnis von Linz fest. Dann hieß es: »Ab nach Dachau!« Dort traf Pater Engelmar Unzeitig am 3. Juni 1941 ein. Es sollte seine letzte Reise sein.
In Dachau stand das erste Konzentrationslager des Dritten Reiches. Es wurde 1933 errichtet, nur kurze Zeit nach der Machtübernahme Hitlers. Als Pater Engelmar hier eintraf, waren bereits Hunderte von Geistlichen dort inhaftiert. Nicht nur Deutsche, auch Franzosen, Niederländer, Ungarn, vor allem aber Polen. Sie waren in separaten Baracken untergebracht. Die deutschen Geistlichen auf Block 26, die polnischen auf 28 und 30. Pater Engelmar erhielt die Lagernummer 26 147. Diese Nummer war fortan sein Kennzeichen. Nur auf der Lagerkartei standen noch weitere Personalien: Sein Taufname, sein Geburtsdatum, sein Geburtsort und der Ort seiner Verhaftung – Glöckelberg, Kreis Krummau. Doch diese persönlichen Angaben zählten nicht mehr. Ab sofort lief er nur noch unter Nummer 26 147.
Die folgenden vier Jahre waren die Hölle. Und doch waren sie für Pater Engelmar auch sehr wertvolle Jahre. Hier reifte er zum begnadeten Seelsorger. Hier wuchs er über sich hinaus. Wenn wir seine Briefe aus dem KZ lesen, dann spüren wir etwas von seinem tiefen Gottvertrauen. Von seinem nimmermüden Einsatz für die Mithäftlinge, von seiner schlichten Frömmigkeit, die so stark war, dass selbst Verleumdung, Spott, Hunger und Grausamkeiten ihn nicht davon abbringen konnten, sich bei Gott geborgen zu wissen. In einem seiner Briefe schreibt er: »Liebe verdoppelt die Kräfte. Sie macht erfinderisch, macht innerlich frei und froh!« Seine Liebe zu Gott und zum Nächsten war der tragende Grund seiner Bereitschaft, sogar im KZ sich derer anzunehmen, die sich schwerer taten als er, Gottes fürsorgliche Hand in allem zu sehen und trotz der Härte des Lagerlebens auch weiterhin an Gottes Güte zu glauben. Während dieser schrecklichen Zeit sparte er sich immer wieder von den eigenen, ohnehin knapp bemessenen Essensrationen Einiges ab und reichte es heimlich weiter an junge, hungrige russische Häftlinge. Gleichzeitig betreute er sie als Seelsorger, übersetzte für sie einen kleinen Katechismus ins Russische und mühte sich so, in ihren trostlosen Alltag ein wenig Licht zu bringen. Sein zeitweiliger Einsatz in den Dachauer Messerschmitt-Werken ermöglichte ihm solche Kontakte, ohne dass es nach außen auffiel. Auf diese Weise fand auch ein hoher russischer Offizier wieder zurück zum Glauben seiner Väter. Als in den Baracken der Russen Flecktyphus ausbrach und niemand mehr willens war, dort die Pflege zu übernehmen, meldete sich Pater Engelmar freiwillig – wohl wissend, dass dies auch für ihn wahrscheinlich der Tod sein würde. So kam es dann auch: Er wurde infiziert, und da keine oder nicht genügend Impfstoffe vorhanden waren, erlag er am 2. März 1945 dieser Seuche, an der übrigens auch sein Vater einst in russischer Gefangenschaft gestorben war.
Weil andere Priester-Häftlinge den Kapo des Krematoriums kannten, gelang es, die Leiche von Pater Engelmar einzeln verbrennen zu lassen und seine Asche aus dem Konzentrationslager zu schmuggeln. Über Umwege gelangte diese zu den Mariannhillern nach Würzburg. Dort wurde sie am Karfreitag 1945 auf dem Städtischen Friedhof beigesetzt. Im Herbst 1968 wurde die Urne in die dortige Herz-Jesu-Kirche übertragen. Die Feier zur Eröffnung des Seligsprechungsprozesses fand am 26. Juli 1991 in Würzburg unter dem Vorsitz von Bischof Dr. Paul-Werner Scheele statt. Seit 1998 befinden sich die Akten an der Kurie in Rom. Papst Benedikt XVI. verlieh Pater Engelmar 2009 den heroischen Tugendgrad und erklärte ihn als »verehrungswürdig«. Am 21. Januar 2016 wurde er von Papst Franziskus als Märtyrer anerkannt und am 24. September 2016 im Würzburger Dom seliggesprochen.