Generalsuperior Pater Damian Weber blickt auf seine Erfahrungen beim Pilgergang nach Glöckelberg zurück
Am vergangenen Samstag, den 21. Mai, habe ich am bereits zur Tradition gewordenen Pilgergang nach Glöckelberg teilgenommen. Der stille und meditative Fußmarsch hinauf zur wunderschön renovierten Kirche half mir, die vielen Fragen und Sorgen, die ich mit mir trug, nicht nur mitzuschleppen, sondern im Glauben anzuschauen und zu versuchen, diese nach dem Beispiel von P Engelmar auch anzunehmen. In den vergangenen Wochen war da einiges zusammengekommen und nicht alles war leicht zu tragen. Der Blick auf unseren Mitbruder Engelmar tat gut, schweigend mit ihm den Pilgerweg gehen beruhigte und schuf inneren Frieden. Bei der Rückkehr von Glöckelberg waren nicht alle Sorgen einfach weg, aber in meinem Innern war Ruhe und ganz sicher mehr Zuversicht als noch am Tag zuvor. Und ich hatte erfahren dürfen, welch großes und kostbares Geschenk dieser Mitbruder ist für unsere Kongregation.
Hubert Unzeitig wurde am 1. März 1911 geboren, begann 1928 seine Gymnasialstudien in unserer Schule in Reimlingen und trat 1934 ins Noviziat ein. 1935 machte er seine erste Profess und am 6. August 1939 wurde er im Piusseminar zum Priester geweiht. Dann wurde er Pfarrprovisor in Glöckelberg im Böhmerwald, wo ihn die Gestapo am 21. April 1941 verhaftete und am 3. Juni in das Konzentrationslager Dachau einwies. Dort starb er am 2. März 1945, erst 34 Jahre alt. Vier der sechs Jahre als Priester verbrachte er im Konzentrationslager. In diesem blutgetränkten Boden ist das Samenkorn seines Lebens zu großer Reife herangewachsen. In diesem Ort, wo die menschliche Hoffnung mit Füssen getreten wurde, haben Engelmars Glaube und Hoffnung seiner Liebe Flügel verliehen.
Wie kann das geschehen? Was muss man tun, damit so etwas geschehen kann? In den vergangenen Tagen habe ich viel darüber nachgedacht. Ich bat PEngelmar, mir zu zeigen wie er das gemacht hat, wie „das“ in seinem Leben möglich wurde …
Ich habe in seinen Briefen gelesen und versucht, dort einen Anhaltspunkt zu finden. Das folgende Zitat hat mich gepackt. Es steht in einem Brief, der er am 14. Januar 1945, also kurz vor seinem Tod, geschrieben hat:
„Wenn die Menschen wenigstens innerlich den Weg zum Frieden finden möchten, wenn sie schon äußerlich dieses Glückes entbehren müssen. Dafür wollen wir gern im neuen Jahr alles aufopfern und Gott darum anflehen. Wir dürfen ja nie vergessen, dass alles, was Gott schickt oder zulässt, alles zu unserem Besten gereichen soll. Es liegt nur an uns, dass wir alles benutzen zur Ehre Gottes und, um anderen Freude zu machen. Dann haben wir den größten Nutzen davon und das Leben wird erträglicher“.
P Engelmar erlebte nicht nur im gnadenlosen Lageralltag ein Leben ohne Frieden und ohne Glück , er wusste auch, dass es auch außerhalb des Lagers Menschen gab, die sich mit Schwierigkeiten und Problemen auseinandersetzen müssen und dabei ihr Glück und ihren Frieden verlieren können. Dann, so sagte er, muss man sich um den inneren Frieden bemühen.
Und „dafür“ so sagt er, „wollen wir gern im neuen Jahr alles aufopfern und Gott darum anflehen. Wir dürfen ja nie vergessen, dass alles, was Gott schickt oder zulässt, alles zu unserem Besten gereichen soll.“
Diesen inneren Frieden muss man sich also von Gott schenken lassen; Gott darum anflehen und zugleich alles aufopfern, was Er uns schickt… denn es ist zu unserem Besten.
Diese Haltung ist sicher nicht nur schwer zu leben, sie ist auch schwer zu verstehen. Ohne Anspruch auf Richtigkeit wage ich es so zu interpretieren: Aus uns selbst haben und können wir nichts. Alles ist Gottes Gabe, auch alles, was wir als widerwärtig erfahren. „Ihm alles aufopfern“ könnte also heißen, alles in Dankbarkeit annehmen und es Gott entgegenhalten, dass er es segnet, heilig und heil macht, damit es so in unserem Innern jenen Frieden schafft, den die Welt nicht geben kann. In diesem Frieden erfahre ich dann auch, dass Gott mir gut ist, nur mein Bestes will und dass er will, dass ich diesen seinen Frieden weitergebe, andern damit Freude mache … So stimmt es auch, wenn Engelmar sagt „es liegt nur an uns, dass wir das alles benutzen zur Ehre Gottes und, um andern Freude zu machen“.
Und der letzte Satz. „Dann haben wir den größten Nutzen davon und das Leben wird erträglicher“ ist dann nicht nur eine logische Konsequenz dieser Haltung, sondern hilft uns auch zu verstehen, WIE Engelmar in den höllischen Widrigkeiten des Konzentrationslagers den inneren Frieden erfahren und tätige Liebe üben konnte.
Diese Haltung ist in Pater Engelmar in den vier Jahren Konzentrationslager gewachsen und immer mehr in seinem Leben und Dienst für die andern sichtbar und fruchtbar geworden, wie uns viele Zeugnisse aus dieser Zeit berichten. Er ist für uns aber viel mehr als nur ein gutes Beispiel. Engelmar ist unser Bruder, der mit uns unterwegs ist. Er hilft und stärkt uns, damit wir als Gemeinschaft und jeder Einzelne persönlich „alles benutzen zur Ehre Gottes und um damit andern Freude zu machen“!
Lieber Pater Engelmar, DANKE dass Du unser Bruder bist!
P Damian Weber
Generalsuperior